Das Graufilter

Polfilter und Graufilter

Was soll es für einen Sinn haben, ein Filter, das neutralgrau getönt ist, vor die Linse zu schrauben? Das Graufilter verfälscht nicht die Farben, es eliminiert keine unerwünschten Spiegelungen, wie z.B. das Polfilter, es tut im Grunde nichts, außer mir Licht zu rauben.

Genau das ist der Witz an der Sache. Das Graufilter wird gezielt dort eingesetzt, wo ich mit langen Verschlusszeiten arbeiten möchte, die Umgebung jedoch derart hell ist, dass selbst bei geschlossener Blende die erwünschte Verschlusszeit zu lang ist und das Bild überbelichtet wird.

Auf der Seite lange Verschlusszeit habe ich das Wasserfall–Beispiel angeführt. Wir wollen einen Wasserfall fotografieren, aber mit solch einer langen Verschlusszeit dass das fallende Wasser schön unscharf wird so und dynamischer erscheint. Nehmen wir an, dies geschieht an einem hellen, sonnigen Tag. Genau hier kann das Graufilter nützlich sein. Wäre mein Bild bei gewünschter Verschlusszeit überbelichtet und ich kann nicht weiter abblenden (die Blende weiter schließen), so kann mir das Graufilter eventuell helfen, eine Überbelichtung zu vermeiden.

Beispiel: hier wäre ein Graufilter nötig

Nebenstehend ist noch ein Bild das ich besser mit Graufilter hätte machen sollen. Ich wollte die Bewegung der S–Bahn mit einem Unschärfe–Effekt festhalten. Abgesehen davon, dass solche Bilder besser wirken, wenn man die Technik des Mitziehens (scharfe S–Bahn, unscharfer Hintergrund) beherrscht, ist dieses Bild überbelichtet, obwohl ich die Blende bereits so weit wie möglich geschlossen hatte. Die ISO–Empfindlichkeit der Kamera war auch so niedrig wie möglich eingestellt, sodass alle Maßnahmen um eine Überbelichtung zu verhindern ohne die Verschlusszeit zu verkürzen ausgeschöpft waren. Ein Graufilter vor der Linse hätte das Bild wahrscheinlich gerettet.

Sonderfall: Grauverlaufsfilter

Aufnahme bei Sonnenaufgang unter Zuhilfenahme von 2 Grauverlaufsfiltern.

Es gibt auch Filter, die nicht einheitlich gefärbt, sondern mit einem Verlauf getönt sind. So auch das Grauverlaufsfilter, das zur Hälfte grau und zur anderen Hälfte klar ist (mit weichem Übergang). Dieses Filter ist z.B. für den folgenden Anwendungsfall geeignet:

Das nebenstehende Bild wurde mit 2 Grauverlaufsfiltern aufgenommen, die übereinander gesteckt wurden. Die Herausforderung hierbei war folgende: Der Steinstrand im Vordergrund lag eigentlich noch im Schatten und war dementsprechend dunkel, während der Himmel von der knapp unter dem Horizopnt stehenden Sonne bereits gut beleuchtet wurde. Ohne Filter hätte ich nur folgende Möglichkeiten gehabt: Belichtungsmessung auf den Himmel – in diesem Falle hätte ich wohl die Farben des Sonnenaufganges gut eingefangen, allerdings einen unterbelichteten Vordergrund in Kauf nehmen müssen. Belichtungsmessung auf den Steinstrand – hier wäre nun der Vordergrund schön durchzeichnet, der Himmel jedoch gnadenlos überbelichtet. Die letzte Möglichkeit wäre noch eine Belichtungsmessung auf Vorder– und Hintergrund und die manuelle Wahl eines Mittelwertes. Durch den hohen Kontrast dieser Szene hätte ich in diesem Fall aber wahrscheinlich einen überbelichteten Himmel und einen unterbelichteten Steinstrand erhalten. Der Dynamikumfang der Kamera reicht einfach nicht aus, um die Helligkeitsunterschiede adäquat abzubilden.

Mit den Grauverlaufsfiltern konnte ich die Belichtung allerdings bedenkenlos auf den Steinstrand einstellen und den Himmel künstlich abdunkeln. Im vorliegenden Fall habe ich sogar eine sehr starke Abdunklung gewählt, was die etwas düstere Stimmung des Bildes unterstützt. Ich habe hier ein ND–4 und ein ND–8 Verlaufsfilter übereinander gesteckt. ND steht für Neutraldichte und bedeutet, dass ein solches Filter die Farben des Bildes nicht beeinflusst, sich also neutral verhält. Der starke Rotstich im Himmel ist jedoch – obwohl der Sonnenaufgangshimmel einen deutlichen Rotanteil hatte – ein Resultat der Filterkombination. Während sich ein einziges Filter noch neutral verhält, kann es bei der Kombination mehrerer Filter zu Verfälschungen kommen. Die Zahl hinter der Bezeichnung ND gibt an, wie stak die Abdunklung ist. Für ein natürliches Bild hätte ein ND–8 alleine wahrscheinlich schon ausgereicht.